Textquelle: Neue Bürgerzeitung – www.grueselhorn.de/nbz
Die Hälfte ihrer
eingeschriebenen Anhänger hatten die Spaichinger Grünen am Dienstagabend zwar
nicht auf dem Olymp, aber im “Olympia” alias “Rössle” versammelt.
Bürgermeister-Casting war angesagt noch vor Ende der Bewerbungsfrist vor exakt
einem Dutzend Leuten. Kandidat Tobias Schumacher als Herausforderer und
Bürgermeister Hans Georg Schuhmacher hatten es im grünen Politfeld weder mit
Dschungel noch mit Camp zu tun. Nacheinander konnten sie sich je 30 Minuten
präsentieren. Das Ergebnis: Theorie fordert Praxis im Bürgermeisterwahlkampf
heraus.
Oder anders ausgedrückt: Auf der einen Seite ein gestandener und
gewandter Stadtschultheiß, der weiß, wo es langgeht, der das kommunale
Einmaleins mit anschaulicher nachprüfbarer Stadtpolitik füllt, wo eins zum
anderen kommt und das eine das andere bedingt oder bewirkt, auf der anderen
einer, der ein bisschen zu oft von Gefühlen und Herzensangelegenheiten spricht
und irgendwie meint, vieles anders und besser machen zu müssen auf dem Wege zu
allgemeiner Harmonie, zu Friede, Freude, Eierkuchen.
So geht Politik allerdings selten bis nie. Schöne Theorie. Mit
Arbeitskreisen, mit Experten, wenn es darum geht, eigentlich einen
Bürgermeister zu wählen und nicht noch einen Hofstaat dazu für einen, der noch
lernen will und muß. Ob die Spaichinger einen Bürgermeister wollen, der erst
wulffen muß? Oder einen, der in Spaichingen schon acht Jahre Bürgermeister ist,
mit aller Kritik und allem Zuspruch, die dazu gehören. Ob da ein 33-jähriger
Anfänger eine Alternative ist?
Was offenbar niemand unter den grünen Olympioniken am
Dienstagabend aufgefallen zu sein scheint: Mit Tobias Schumacher stand ja kein
Anfänger als unbeschriebenes Blatt vor ihnen, der Bürgermeistermarketing
wie aus der kommunalpolitischen Fibel herunterbetete, sondern der Boss der
Spaichinger CDU, der Vorsitzende der größten Gemeinderatsfraktion, bis vor drei
Jahren noch mit absoluter Mehrheit gepolstert. Es stand auch der
Kreisvorsitzende der CDU vor ihnen.
Ebenfalls niemand scheint auf die Idee gekommen zu sein,
immerhin sind ja auch zwei Stadträte grün, dass das Hauptorgan der Gemeinde der
Gemeinderat ist und nicht der Bürgermeister. Der ist ja kein kleiner Diktator,
sondern hat zu erfüllen, was der Gemeinderat beschließt. Dieser hat ihn zu
kontrollieren.
Warum also ist der Kandidat Tobias Schumacher als Theoretiker
und nicht als Praktiker aufgetreten? Er hätte doch gefragt werden müssen, warum
er all die schönen Ideen, die er vorgetragen hat, nicht versucht im Gemeinderat
umzusetzen? Was hat er in sieben Jahren gemacht?
Sechs Schlagworte hat er vorgetragen: Bildungsstadt,
Arbeits- und Einkaufsstadt, Mobilitätsstadt, Wohlfühlstadt,
Regionalstadt, Bürgerstadt. Fehlt noch die Kinderstadt, wenn es schon das
Kinderland Baden-Württemberg gibt. Das klingt alles sehr bekannt. Dabei genügt
es doch, einfach nur über Spachingen zu sprechen, über die Stadt und ihre
Menschen. Das schaffte der Praktiker, der Bürgermeister, der Fleisch servierte,
wo der andere dünne Knöchelchen auslegte. Der eine schüttete ein paar
Puzzleteile aus, der andere legte ein lebendiges Bild der Stadt vor. Die
Spaichinger haben die Wahl.
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