Donnerstag, 26. April 2012

Verwaltungsgemeinschaft Spaichingen – Heuberger Bote „verfälscht“ in seiner Darstellung


Eine komplexe Materie, die eigentlich nur von Insidern vollumfänglich verstanden werden kann ist seit über dreißig Jahren Stein des Anstoßes. Die „Überschrift“ – Verwaltungsgemeinschaft Spaichingen. Der Inhalt um den es geht beschäftigt schon seit Jahrzehnten die Bürgermeister der Stadt Spaichingen und der Umlandgemeinden, als auch die mit der Materie betrauten Verwaltungsmitarbeiter der Stadt Spaichingen als sogenannter erfüllender Gemeinde.

Die aus dem Jahr 1972 stammende Vereinbarung zwischen den Gemeinden Balgheim, Böttingen, Mahlstetten, Denkingen, Dürbheim, Hausen o.V., Frittlingen und Spaichingen legt fest, dass die Stadt Spaichingen für die anderen Gemeinden bestimmte Aufgaben zu übernehmen hat. Dies wurde so festgelegt, weil die Gemeinden zum Zeitpunkt der Vereinbarung nicht über die notwendige Verwaltungskraft verfügt hatten, um die Aufgaben selbst zu erledigen. Aufgaben die die Stadt Spaichingen für die Gemeinden erfüllt sind die Bauleitplanung, Aufgaben der Straßenplanung und deren Ausführung, sowie im wesentlichen das Haushaltswesen. Soweit Aufgaben alle Gemeinden gleichmäßig betreffen, wie etwa die Weiterentwicklung von Bauflächen ist ebenso die Verwaltungsgemeinschaft zuständig.

Die Gemeinde Aldingen ist zum 1.07.1975 zur Verwaltungsgemeinschaft hinzugekommen. Für sie erfüllt die Stadt Spaichingen als erfüllende Gemeinde keine Aufgaben und nimmt nur für Aldingen auch Aufgaben wahr, soweit eine Aufgabe von allen Gemeinden zu erledigen ist.

Allen Gemeinden wurde nach den Bestimmungen des Vertrages eine Stimme eingeräumt und zwar unabhängig von Einwohnergröße und Finanzierungsanteil an der Gemeinschaft.
Da Aldingen seine Aufgaben mit eigener Verwaltung erfüllt zahlt Aldingen pro Jahr nur einen symbolischen Anteil an der Gemeinschaft in Höhe von 1400 €, hat aber im Gegenzug vollen Stimmenanteil.
Spaichingen hätte mit seiner Einwohnergröße annähernd 175.000 € an die Gemeinschaft zahlen müssen und würde damit mehr als alle anderen Gemeinden zahlen. Gleichzeitig hat Spaichingen aber auch nur eine Stimme in der Gemeinschaft.

In der Vergangenheit hat Spaichingen den Gemeinden Zugeständnisse gemacht, weil die Gemeinden inzwischen über größere Verwaltungen als zur Gründerzeit verfügen und Aufgaben selbst übernehmen oder beispielsweise Aufgaben der Bauleitplanung an private Ingenieursbüros übergeben. Im Gegenzuge wurde Spaichingen bei der an die Gemeinschaft zu zahlende Umlage entlastet. (zuletzt bis 2008 zu zahlen 4 € pro Einwohner)

Nachdem die Verwaltungsgemeinschaft Spaichingen auf ihren Antrag hin, der auf das Betreiben der Stadt Spaichingen zurückgeht und dem die anderen Gemeinden zugestimmt haben, zum 1.07.2005 zusätzliche staatliche Aufgaben vom Land übertragen bekommen hat (sog. Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde) entfachte sich die Auseinandersetzung an der Verteilung der Einnahmen aus dieser Tätigkeit der Stadt.

Nachdem die Bürgermeister der anderen Gemeinden der Aufgabenübernahme nur mit der Maßgabe zugestimmt hatten, dass die Stadt Spaichingen sämtliche Kosten zu tragen und auch für etwaige Verluste aus dieser Tätigkeit aufkommen müsse – dem Spaichingen im übrigen auch zugestimmt hat -  entfachte erstmals im Jahr 2007 die Frage, wie etwaige Mehreinnahmen zu verteilen seien. Bürgermeister Schuhmacher machte hier unmissverständlich die Interessenlage Spaichingens geltend, nämlich dass Spaichingen auch etwaige Mehreinnahmen im eigenen Haushalt verbuche, wenn es das volle Risiko der Kosten trage.
Dies wollten die Bürgermeister nicht akzeptieren und riefen die Rechtsaufsicht – das Landratsamt Tuttlingen – zur Klärung dieser Frage an.

Beantwortend teilt das Landratsamt Tuttlingen – entgegen der nicht zutreffenden Berichterstattung des Heuberger Boten vom vergangenen Samstag  - mit Schreiben vom 12.02.2008 klarstellend und deutlich mit, dass

„die Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde kostendeckend über Gebühren, Bußgelder und entsprechende Landeszuweisungen zu finanzieren sind, so dass eine Mehrbelastung der Mitgliedsgemeinden ausgeschlossen ist.  Soweit … Überschüsse entstehen, wird die Auffassung vertreten, dass …. diese beim Aufgabenträger (erfüllende Gemeinde) und so nach dem Gesamtdeckungsprinzip im Haushalt der Stadt Spaichingen verbleiben“

Anm. der Redaktion: Auszug aus dem Antwortschreiben des LRA Tuttlingen vom 12.02.2008

Damit waren die Bürgermeister der Umlandgemeinden, erstaunlicherweise auch Aldingen nun gar nicht einverstanden.
Da Bürgermeister Schuhmacher als Vertreter der Stadt Spaichingen nach der eindeutigen Stellungnahme des Landratsamtes zur Interessenswahrung der Stadt selbstverständlich nicht bereit gewesen ist, - wie von den Bürgermeistern gewünscht – Einnahmen im Haushalt der Verwaltungsgemeinschaft aus der Tätigkeit der unteren Verwaltungsbehörde zu verbuchen, erfolgte die prompte Reaktion.
Der Bürgermeisterausschuss und das für die Verwaltungsgemeinschaft, ähnlich einem Gemeinderat, zuständige Organ der Verwaltungsgemeinschaft beschloss, dass Spaichingen ab diesem Zeitpunkt eben, im Haushalt der Verwaltungsgemeinschaft Spaichingen nicht mehr nur 4 € pro Einwohner, sondern die gleiche Einwohnerumlage wie alle anderen Gemeinden – mit Ausnahme von Aldingen – zahlen solle. Dies wären im Durchschnitt ca.15 € pro Einwohner an die Gemeinschaft.

Bürgermeister Schuhmacher war hiermit nicht einverstanden und widersprach sämtlichen Haushaltsbeschlüssen der Verwaltungsgemeinschaft seit dem Jahr 2008, die die Gemeinschaft mit der Stimmenmehrheit und gegen de Stimme Spaichingens auf den Weg bringen wollten.

Begründend trug er vor, Spaichingen habe – genau wie Aldingen auch – nicht mehr von der Gemeinschaft als dass es nur – wenn überhaupt - von den gemeinsamen Erledigungsaufgaben, die allen Gemeinden zugute kommen, wie der Flächennutzungsplanung profitiere.
Sämtliche Aufgaben, die Spaichingen für die anderen Gemeinden erbringt, erbringt die Stadt für sich selbst mit eigenem Personal und auf eigene Kosten, die ausschließlich im städtischen Haushalt dargestellt werden. Im Gegensatz zu den anderen Gemeinden profitiere Spaichingen von der Gemeinschaft diesbezüglich nicht und dürfe nicht für etwas zahlen, für was es keine Gegenleistung erhält. So sehe es – nach Auffassung Schuhmachers auch das Gesetz vor, weswegen er als Interessenvertreter der Stadt Spaichingen gehalten sei, diese Frage, nämlich ob Spaichingen überhaupt bezahlen müsse, klären zu lassen.
Nach Auffassung Schuhmachers könne die Situation Spaichingens nicht anders sein, als die der Gemeinde Aldingen, die ja auch ihre Aufgabe selbst mit eigenem Personal erledigt und dafür nichts in der Verwaltungsgemeinschaft zu zahlen hat.

Nach dem Vertrag hat bei offenen Fragen die Rechtsaufsichtsbehörde -  das Landratsamt  - vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu entscheiden. Die Aufgabe des Landratsamtes ist nach dem Vertrag der Verwaltungsgemeinschaft die Funktion des Schlichters nicht diejenige des Richters. Es hat also einen, seiner Rechtsauffassung nahe kommenden, Interessen ausgleichenden Vorschlag zu machen.

Die Rechtsaufsicht wurde im April 2010 um Streitschlichtung gebeten. Ein Schlichtungsvorschlag ist am 19.04.2012 vom Landratsamt nach Gesprächen mit den Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft unterbreitet worden.

Der Schlichtungsvorschlag, der – wie gesagt – keine abschließende rechtliche Beurteilung der in Fragen stehenden offenen Fragen vornimmt, sieht wie folgt aus:

  1. Die Stadt Spaichingen hat sich ab 2011 nur noch mit 25% (anstelle bisher ca.50%) der Kosten der Verwaltungsgemeinschaft zu beteiligen, soweit die Kosten über eine einwohnerbezogene Umlage, d.h.nicht jeder einzelnen Gemeinde direkt in Rechnung gestellt werden können, zu bezahlen sind.
  2. Der der Stadt Spaichingen zu gewährende Sachkostenzuschuss wird von 16% auf 20% erhöht.
  3. Die Parteien verpflichten sich einen neuen Vertrag unter Beteiligung von Vertretern der Rechtsaufsicht und des Städte- und Gemeindetages auszuhandeln, in dem die offenen rechtlichen Fragestellungen beantwortet und gesetzeskonform geregelt werden sollen.

Nach Auffassung Bürgermeister Schuhmachers eine komfortable Situation für Spaichingen, weil nach seiner Auffassung mit dem Schlichterspruch feststeht, dass auch das Landratsamt die Auffassung vertritt, dass Spaichingen nicht mit der gleichen Umlage an den Kosten der Gemeinschaft beteiligt werden dürfe, wie die übrigen Gemeinden. Der Gemeinderat der Stadt hat in seiner Sitzung am 24.04.2012 den Schlichterspruch für die Stadt Spaichingen mit der Maßgabe angenommen, dass

  1. etwaige Einnahmen der unteren Verwaltungsbehörde im Haushalt der Stadt Spaichingen verbleiben.
  2. Die Personalzuständigkeit für die Auswahl und den Einsatz des Personals für die Verwaltungsgemeinschaft Spaichingen bei der Stadt Spaichingen verbleibt und Spaichingen den anderen Gemeinden kein Mitsprachrecht bei der Personalauswahl einräumt. (Spaichingen rede bei der Personalauswahl der anderen Gemeinden nicht mit und wolle sich auch von anderen nicht vorschreiben lassen, wen es für welche Aufgabenerfüllung einstellt)
  3. Verhandlungsspielraum ist für Spaichingen die Frage, mit welchem Anteil Mitarbeiter, die für die Verwaltungsgemeinschaft Spaichingen arbeiten, auf den Haushalt der Verwaltungsgemeinschaft Spaichingen verteilt werden. (Die Verwaltungsgemeinschaft hat kein eigenes Personal. Die Mitarbeiter der Stadt Spaichingen werden – soweit sie für die Verwaltungsgemeinschaft tätig sind - mit einem Prozentsatz ihrer Beschäftigung auf den Haushalt der Verwaltungsgemeinschaft verbucht.)

Es bleibt nun abzuwarten, ob die anderen Gemeinden den Schlichterspruch akzeptieren wollen. Tun Sie dies nicht, können die offenen Finanzierungsfragen nur durch Richterspruch geklärt werden.

Fälschlicherweise teilt der Heuberger Bote in seiner Samstagsausgabe mit, Bürgermeister Schuhmacher sei eine Gehaltsstufe höher eingestuft, weil die anderen Gemeinden ihre Zustimmung gegeben hätten, dass die Verwaltungsgemeinschaft Spaichingen mit der Stadt Spaichingen untere Verwaltungsbehörde werde. Das stimmt natürlich nicht. Die Besoldungsstufe des Bürgermeisters der Stadt Spaichingen bemisst sich nach der Einwohnerzahl nicht nach den Aufgaben. Da er Vorsitzender der Verwaltungsgemeinschaft ist, wird – zur Bemessung seiner Gehaltsstufe – die Hälfte der Einwohner der Umlandgemeinden, soweit die der Verwaltungsgemeinschaft Spaichingen angehören, der Einwohnerzahl der Stadt Spaichingen hinzugerechnet. Damit kommt der Bürgermeister der Stadt Spaichingen in die Gehaltsstufe eines Oberbürgermeisters einer Stadt mit über 20.000 Einwohnern.
Ebenfalls unrichtig ist die Darstellung des Heuberger Boten, wonach Spaichingen und Dürbheim auf der einen Seite, die anderen Gemeinden auf der anderen Seite stünden. Die Gemeinde Dürbheim hat einen eigenen, auf einen Gemeinderatsbeschluss der Gemeinde Dürbheim fußenden Vorschlag in die Schlichtungsgespräche eingebracht, der mit der Auffassung der Stadt Spaichingen nichts zu tun hat. Wenn die Redaktion von Lagern spricht ist dies – zumindest für Spaichingen und Dürbheim – falsch.

Wir haben Ihnen im Vorfeld eine umfassende Schilderung der bisherigen Vorgänge in der Verwaltungsgemeinschaft gegeben, um den zum Teil nicht nachvollziehbaren Artikel des Heuberger Boten soweit richtig zu stellen.

Quelle: Stadtspiegel Spaichingen Ausgabe 26.04.2012

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