Eine
komplexe Materie, die eigentlich nur von Insidern vollumfänglich verstanden
werden kann ist seit über dreißig Jahren Stein des Anstoßes. Die „Überschrift“
– Verwaltungsgemeinschaft Spaichingen. Der Inhalt um den es geht beschäftigt
schon seit Jahrzehnten die Bürgermeister der Stadt Spaichingen und der
Umlandgemeinden, als auch die mit der Materie betrauten Verwaltungsmitarbeiter
der Stadt Spaichingen als sogenannter erfüllender Gemeinde.
Die
aus dem Jahr 1972 stammende Vereinbarung zwischen den Gemeinden Balgheim,
Böttingen, Mahlstetten, Denkingen, Dürbheim, Hausen o.V., Frittlingen und
Spaichingen legt fest, dass die Stadt Spaichingen für die anderen Gemeinden bestimmte
Aufgaben zu übernehmen hat. Dies wurde so festgelegt, weil die Gemeinden zum
Zeitpunkt der Vereinbarung nicht über die notwendige Verwaltungskraft verfügt
hatten, um die Aufgaben selbst zu erledigen. Aufgaben die die Stadt Spaichingen
für die Gemeinden erfüllt sind die Bauleitplanung, Aufgaben der Straßenplanung
und deren Ausführung, sowie im wesentlichen das Haushaltswesen. Soweit Aufgaben
alle Gemeinden gleichmäßig betreffen, wie etwa die Weiterentwicklung von
Bauflächen ist ebenso die Verwaltungsgemeinschaft zuständig.
Die
Gemeinde Aldingen ist zum 1.07.1975 zur Verwaltungsgemeinschaft hinzugekommen.
Für sie erfüllt die Stadt Spaichingen als erfüllende Gemeinde keine Aufgaben
und nimmt nur für Aldingen auch Aufgaben wahr, soweit eine Aufgabe von allen
Gemeinden zu erledigen ist.
Allen
Gemeinden wurde nach den Bestimmungen des Vertrages eine Stimme eingeräumt und
zwar unabhängig von Einwohnergröße und Finanzierungsanteil an der Gemeinschaft.
Da
Aldingen seine Aufgaben mit eigener Verwaltung erfüllt zahlt Aldingen pro Jahr
nur einen symbolischen Anteil an der Gemeinschaft in Höhe von 1400 €, hat aber
im Gegenzug vollen Stimmenanteil.
Spaichingen
hätte mit seiner Einwohnergröße annähernd 175.000 € an die Gemeinschaft zahlen
müssen und würde damit mehr als alle anderen Gemeinden zahlen. Gleichzeitig hat
Spaichingen aber auch nur eine Stimme in der Gemeinschaft.
In
der Vergangenheit hat Spaichingen den Gemeinden Zugeständnisse gemacht, weil
die Gemeinden inzwischen über größere Verwaltungen als zur Gründerzeit verfügen
und Aufgaben selbst übernehmen oder beispielsweise Aufgaben der Bauleitplanung
an private Ingenieursbüros übergeben. Im Gegenzuge wurde Spaichingen bei der an
die Gemeinschaft zu zahlende Umlage entlastet. (zuletzt bis 2008 zu zahlen 4 €
pro Einwohner)
Nachdem die
Verwaltungsgemeinschaft Spaichingen auf ihren Antrag hin, der auf das Betreiben
der Stadt Spaichingen zurückgeht und dem die anderen Gemeinden zugestimmt
haben, zum 1.07.2005 zusätzliche staatliche Aufgaben vom Land übertragen
bekommen hat (sog. Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde) entfachte sich die
Auseinandersetzung an der Verteilung der Einnahmen aus dieser Tätigkeit der
Stadt.
Nachdem die
Bürgermeister der anderen Gemeinden der Aufgabenübernahme nur mit der Maßgabe
zugestimmt hatten, dass die Stadt Spaichingen sämtliche Kosten zu tragen und
auch für etwaige Verluste aus dieser Tätigkeit aufkommen müsse – dem
Spaichingen im übrigen auch zugestimmt hat - entfachte erstmals im Jahr 2007 die Frage, wie
etwaige Mehreinnahmen zu verteilen seien. Bürgermeister Schuhmacher machte hier
unmissverständlich die Interessenlage Spaichingens geltend, nämlich dass
Spaichingen auch etwaige Mehreinnahmen im eigenen Haushalt verbuche, wenn es
das volle Risiko der Kosten trage.
Dies
wollten die Bürgermeister nicht akzeptieren und riefen die Rechtsaufsicht – das
Landratsamt Tuttlingen – zur Klärung dieser Frage an.
Beantwortend
teilt das Landratsamt Tuttlingen – entgegen der nicht zutreffenden
Berichterstattung des Heuberger Boten vom vergangenen Samstag - mit Schreiben vom 12.02.2008 klarstellend
und deutlich mit, dass
„die
Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde kostendeckend über Gebühren, Bußgelder
und entsprechende Landeszuweisungen zu finanzieren sind, so dass eine
Mehrbelastung der Mitgliedsgemeinden ausgeschlossen ist. Soweit … Überschüsse entstehen, wird die
Auffassung vertreten, dass …. diese beim Aufgabenträger (erfüllende Gemeinde)
und so nach dem Gesamtdeckungsprinzip im Haushalt der Stadt Spaichingen
verbleiben“
Anm. der
Redaktion: Auszug aus dem Antwortschreiben des LRA Tuttlingen vom 12.02.2008
Damit waren
die Bürgermeister der Umlandgemeinden, erstaunlicherweise auch Aldingen nun gar
nicht einverstanden.
Da Bürgermeister Schuhmacher als Vertreter der Stadt Spaichingen nach der eindeutigen Stellungnahme des Landratsamtes zur Interessenswahrung der Stadt selbstverständlich nicht bereit gewesen ist, - wie von den Bürgermeistern gewünscht – Einnahmen im Haushalt der Verwaltungsgemeinschaft aus der Tätigkeit der unteren Verwaltungsbehörde zu verbuchen, erfolgte die prompte Reaktion.
Da Bürgermeister Schuhmacher als Vertreter der Stadt Spaichingen nach der eindeutigen Stellungnahme des Landratsamtes zur Interessenswahrung der Stadt selbstverständlich nicht bereit gewesen ist, - wie von den Bürgermeistern gewünscht – Einnahmen im Haushalt der Verwaltungsgemeinschaft aus der Tätigkeit der unteren Verwaltungsbehörde zu verbuchen, erfolgte die prompte Reaktion.
Der
Bürgermeisterausschuss und das für die Verwaltungsgemeinschaft, ähnlich einem
Gemeinderat, zuständige Organ der Verwaltungsgemeinschaft beschloss, dass
Spaichingen ab diesem Zeitpunkt eben, im Haushalt der Verwaltungsgemeinschaft
Spaichingen nicht mehr nur 4 € pro Einwohner, sondern die gleiche
Einwohnerumlage wie alle anderen Gemeinden – mit Ausnahme von Aldingen – zahlen
solle. Dies wären im Durchschnitt ca.15 € pro Einwohner an die Gemeinschaft.
Bürgermeister
Schuhmacher war hiermit nicht einverstanden und widersprach sämtlichen
Haushaltsbeschlüssen der Verwaltungsgemeinschaft seit dem Jahr 2008, die die
Gemeinschaft mit der Stimmenmehrheit und gegen de Stimme Spaichingens auf den
Weg bringen wollten.
Begründend
trug er vor, Spaichingen habe – genau wie Aldingen auch – nicht mehr von der
Gemeinschaft als dass es nur – wenn überhaupt - von den gemeinsamen
Erledigungsaufgaben, die allen Gemeinden zugute kommen, wie der
Flächennutzungsplanung profitiere.
Sämtliche
Aufgaben, die Spaichingen für die anderen Gemeinden erbringt, erbringt die
Stadt für sich selbst mit eigenem Personal und auf eigene Kosten, die
ausschließlich im städtischen Haushalt dargestellt werden. Im Gegensatz zu den
anderen Gemeinden profitiere Spaichingen von der Gemeinschaft diesbezüglich
nicht und dürfe nicht für etwas zahlen, für was es keine Gegenleistung erhält.
So sehe es – nach Auffassung Schuhmachers auch das Gesetz vor, weswegen er als Interessenvertreter
der Stadt Spaichingen gehalten sei, diese Frage, nämlich ob Spaichingen
überhaupt bezahlen müsse, klären zu lassen.
Nach
Auffassung Schuhmachers könne die Situation Spaichingens nicht anders sein, als
die der Gemeinde Aldingen, die ja auch ihre Aufgabe selbst mit eigenem Personal
erledigt und dafür nichts in der Verwaltungsgemeinschaft zu zahlen hat.
Nach dem
Vertrag hat bei offenen Fragen die Rechtsaufsichtsbehörde - das Landratsamt - vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung
zu entscheiden. Die Aufgabe des Landratsamtes ist nach dem Vertrag der
Verwaltungsgemeinschaft die Funktion des Schlichters nicht diejenige des
Richters. Es hat also einen, seiner Rechtsauffassung nahe kommenden, Interessen
ausgleichenden Vorschlag zu machen.
Die
Rechtsaufsicht wurde im April 2010 um Streitschlichtung gebeten. Ein
Schlichtungsvorschlag ist am 19.04.2012 vom Landratsamt nach Gesprächen mit den
Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft unterbreitet worden.
Der
Schlichtungsvorschlag, der – wie gesagt – keine abschließende rechtliche
Beurteilung der in Fragen stehenden offenen Fragen vornimmt, sieht wie folgt
aus:
- Die Stadt Spaichingen hat sich
ab 2011 nur noch mit 25% (anstelle bisher ca.50%) der Kosten der
Verwaltungsgemeinschaft zu beteiligen, soweit die Kosten über eine
einwohnerbezogene Umlage, d.h.nicht jeder einzelnen Gemeinde direkt in
Rechnung gestellt werden können, zu bezahlen sind.
- Der
der Stadt Spaichingen zu gewährende Sachkostenzuschuss wird von 16% auf
20% erhöht.
- Die
Parteien verpflichten sich einen neuen Vertrag unter Beteiligung von
Vertretern der Rechtsaufsicht und des Städte- und Gemeindetages
auszuhandeln, in dem die offenen rechtlichen Fragestellungen beantwortet
und gesetzeskonform geregelt werden sollen.
Nach
Auffassung Bürgermeister Schuhmachers eine komfortable Situation für
Spaichingen, weil nach seiner Auffassung mit dem Schlichterspruch feststeht,
dass auch das Landratsamt die Auffassung vertritt, dass Spaichingen nicht mit
der gleichen Umlage an den Kosten der Gemeinschaft beteiligt werden dürfe, wie
die übrigen Gemeinden. Der Gemeinderat der Stadt hat in seiner Sitzung am
24.04.2012 den Schlichterspruch für die Stadt Spaichingen mit der Maßgabe
angenommen, dass
- etwaige
Einnahmen der unteren Verwaltungsbehörde im Haushalt der Stadt Spaichingen
verbleiben.
- Die
Personalzuständigkeit für die Auswahl und den Einsatz des Personals für
die Verwaltungsgemeinschaft Spaichingen bei der Stadt Spaichingen
verbleibt und Spaichingen den anderen Gemeinden kein Mitsprachrecht bei
der Personalauswahl einräumt. (Spaichingen rede bei der Personalauswahl
der anderen Gemeinden nicht mit und wolle sich auch von anderen nicht
vorschreiben lassen, wen es für welche Aufgabenerfüllung einstellt)
- Verhandlungsspielraum
ist für Spaichingen die Frage, mit welchem Anteil Mitarbeiter, die für die
Verwaltungsgemeinschaft Spaichingen arbeiten, auf den Haushalt der
Verwaltungsgemeinschaft Spaichingen verteilt werden. (Die
Verwaltungsgemeinschaft hat kein eigenes Personal. Die Mitarbeiter der
Stadt Spaichingen werden – soweit sie für die Verwaltungsgemeinschaft
tätig sind - mit einem Prozentsatz ihrer Beschäftigung auf den Haushalt
der Verwaltungsgemeinschaft verbucht.)
Es
bleibt nun abzuwarten, ob die anderen Gemeinden den Schlichterspruch
akzeptieren wollen. Tun Sie dies nicht, können die offenen Finanzierungsfragen
nur durch Richterspruch geklärt werden.
Fälschlicherweise
teilt der Heuberger Bote in seiner Samstagsausgabe mit, Bürgermeister
Schuhmacher sei eine Gehaltsstufe höher eingestuft, weil die anderen Gemeinden
ihre Zustimmung gegeben hätten, dass die Verwaltungsgemeinschaft Spaichingen
mit der Stadt Spaichingen untere Verwaltungsbehörde werde. Das stimmt natürlich
nicht. Die Besoldungsstufe des Bürgermeisters der Stadt Spaichingen bemisst
sich nach der Einwohnerzahl nicht nach den Aufgaben. Da er Vorsitzender der
Verwaltungsgemeinschaft ist, wird – zur Bemessung seiner Gehaltsstufe – die
Hälfte der Einwohner der Umlandgemeinden, soweit die der
Verwaltungsgemeinschaft Spaichingen angehören, der Einwohnerzahl der Stadt
Spaichingen hinzugerechnet. Damit kommt der Bürgermeister der Stadt Spaichingen
in die Gehaltsstufe eines Oberbürgermeisters einer Stadt mit über 20.000
Einwohnern.
Ebenfalls
unrichtig ist die Darstellung des Heuberger Boten, wonach Spaichingen und
Dürbheim auf der einen Seite, die anderen Gemeinden auf der anderen Seite
stünden. Die Gemeinde Dürbheim hat einen eigenen, auf einen
Gemeinderatsbeschluss der Gemeinde Dürbheim fußenden Vorschlag in die
Schlichtungsgespräche eingebracht, der mit der Auffassung der Stadt Spaichingen
nichts zu tun hat. Wenn die Redaktion von Lagern spricht ist dies – zumindest
für Spaichingen und Dürbheim – falsch.
Wir
haben Ihnen im Vorfeld eine umfassende Schilderung der bisherigen Vorgänge in der
Verwaltungsgemeinschaft gegeben, um den zum Teil nicht nachvollziehbaren
Artikel des Heuberger Boten soweit richtig zu stellen.
Quelle: Stadtspiegel Spaichingen Ausgabe 26.04.2012
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